Stiefmutter oder Stiefvater – Begriffe, die auch heute oft noch mit einem negativen Image besetzt sind. Dabei ist Stiefmutter oder Stiefvater zu sein heutzutage normaler denn je: Denn Stiefmutter oder Stiefvater ist man, wenn man einen neuen Partner geheiratet hat und Kinder des neuen Ehepartners nicht blutsverwandt sind. Nicht selten lautet vonseiten – gerade älterer – Kinder der Vorwurf: „Du bist nicht mit mir verwandt, du hast mir nichts zu sagen!“ Umso wichtiger ist es – im Verhältnis zu Stiefkindern, aber auch zum anderen Elternteil – seine Rechte und deren Grenzen in der Familie genau zu kennen und mit dem richtigen Fingerspitzengefühl auszuüben.
Oft teilen sich Eltern gemeinsamer Kinder nach Trennung und Scheidung das Sorgerecht, sie haben meist das gemeinsame Sorgerecht nach § 1687 BGB (BGB = Bürgerliches Gesetzbuch). Wer einen neuen Partner heiratet, der Kinder hat, ist also meist damit konfrontiert, dass der andere Elternteil bei wichtigen Entscheidungen für die Kinder nicht nur mitreden darf, sondern sogar zustimmen muss. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die „neue Familie“ umziehen will und das zu einer größeren räumlichen Trennung führt. Aber auch bei einer Operation, der Namensgebung, längeren Fernreise oder der Wahl der weiterführenden Schule müssen sich getrennte Eltern einig werden, wenn sie sich das Sorgerecht teilen.
Und doch muss auch ein neuer Elternteil – ob Stiefmutter oder Stiefvater – vor allem im Alltag ein gewisses Mitspracherecht haben, damit ein geordnetes Familienleben überhaupt möglich ist. Dafür sieht § 1687b BGB das sog. kleine Sorgerecht vor. Das ermöglicht einem Stiefelternteil, Entscheidungen des alltäglichen Lebens für die Stiefkinder zu treffen und das Kind in diesen Punkten auch rechtlich vertreten zu dürfen. Das kleine Sorgerecht haben aber nur Stiefeltern, die mit dem betreuenden Elternteil der Kinder verheiratet sind und zusammenleben. Voraussetzung ist außerdem, dass leiblicher Elternteil und Stiefelternteil sich die erzieherische Verantwortung teilen, Kinder also wirklich gemeinsam erziehen und das gemeinsam leben.
Außerdem ist es möglich, dass der leibliche Elternteil seine eigenen Entscheidungsbefugnisse auf den neuen Ehepartner überträgt. Dafür muss der leibliche Elternteil der Stiefmutter oder dem Stiefvater eine ausdrückliche Vollmacht erteilen. Diese Vollmacht wird Stiefelternvollmacht genannt. Sie kann sich aber nur auf Entscheidungen beziehen, die der leibliche Elternteil auch ohne den anderen sorgeberechtigten Elternteil treffen kann – oder der Stiefelternteil muss sich mit dem anderen leiblichen Elternteil einigen. Aus Beweisgründen ist es sinnvoll, die Stiefelternvollmacht schriftlich zu erteilen.
Aber welche Entscheidungen umfasst das sog. kleine Sorgerecht? Das kleine Sorgerecht führt z. B. dazu, dass ein Stiefvater oder eine Stiefmutter das Stiefkind ohne Probleme und jederzeit vom Kindergarten, der Schule, dem Musikunterricht oder Sporttraining abholen darf.
Wenn es aber darum geht, zu welchem Kindergarten, zu welcher Schule oder zu welcher Sportart das Kind angemeldet werden soll, darf das der Stiefelternteil keinesfalls alleine entscheiden! Denn diese Entscheidungen muss auch der leibliche Elternteil bei gemeinsamem Sorgerecht mit dem anderen leiblichen Elternteil abstimmen.
Grundsätzlich gilt also, dass Stiefeltern im Alltag Entscheidungen für Stiefkinder treffen dürfen – das BGB sieht das ausdrücklich vor. Geht es um wichtige Entscheidungen, muss der leibliche Elternteil entscheiden – bei gemeinsamem Sorgerecht sogar zusammen mit dem anderen leiblichen Elternteil. Ob und was Stiefeltern entscheiden können, kann man also nicht pauschal sagen – es kommt auf den Einzelfall an.
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